Bundeskanzler Scholz in Kiew: „Die Ukraine gehört zur europäischen Familie“ (16. Juni 2022)

Bundeskanzler Scholz besucht die ukrainische Hauptstadt bewusst gemeinsam mit Partnern aus der Europäischen Union. Copyright : picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Bundeskanzler Scholz hat in Kiew den ukrainischen Präsidenten Selensky getroffen und betont, das Land bei seinem Abwehrkampf gegen Russland weiterhin zu unterstützen. Zudem werde er sich dafür stark machen, dass die Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhält. Im Vorort Irpin zeigte sich Kanzler Scholz betroffen von den Zerstörungen.

Bundeskanzler Scholz hat sich in Kiew dafür ausgesprochen, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten zuzusprechen. „Meine Kollegen und ich sind heute hier nach Kiew gekommen mit einer klaren Botschaft: Die Ukraine gehört zur europäischen Familie“, sagte Scholz. Beim Europäischen Rat kommende Woche werde sich Deutschland für eine positive Entscheidung zugunsten der Ukraine als EU-Beitrittskandidat stark machen, betonte der Kanzler.

Gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und dem rumänischen Präsidenten Klaus Johannis war Scholz am Donnerstag in ukrainische Hauptstadt gereist. Dort trafen sie den Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selensky, zu einem ausführlichen Gespräch.

Dem ukrainischen Volk und Präsident Selensky sprach Scholz seine Hochachtung aus: „Die Ukraine befindet sich seit 113 Tagen in einem heldenhaften Abwehrkampf gegen Russland. Die Tapferkeit der Soldatinnen und Soldaten ist groß“, so der Kanzler. Es sei bewundernswert, wie die Ukrainerinnen und Ukrainer sich gegen die Invasion Russlands zur Wehr setzen.

Eng an der Seite der Ukraine

Russland versuche, mit Gewalt Grenzen innerhalb Europas zu verschieben, betonte der Kanzler. „Das ist unakzeptabel. Und deshalb hat sich Deutschland – gemeinsam mit vielen anderen Ländern in der Welt – vom ersten Tag an eng an die Seite der Ukraine gestellt“, so Scholz.

Deutschland unterstütze die Ukraine dabei, ihre Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen, finanziell und humanitär. „Und Deutschland hat mit einer langen Staatstradition gebrochen: Wir unterstützen die Ukraine auch mit der Lieferung von Waffen und wir werden das weiterhin tun, solange die Ukraine unsere Unterstützung benötigt“, so Scholz. Als Beispiel nannte er das moderne Flugabwehrsystem Iris-T, das eine ganze Großstadt gegen Luftangriffe verteidigen könne.

Der Kanzler zeigte sich zudem erfreut, dass der ukrainische Präsident die Einladung zur Teilnahme am G7-Gipfel in Schloss Elmau angenommen hat.

„Ganz wichtiges Mahnmal“

Gemeinsam mit Präsident Macron und Ministerpräsident Draghi macht sich der Bundeskanzler ein Bild der Zerstörungen in Irpin. Copyright : picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Im Kiewer Vorort Irpin hatte Bundeskanzler Scholz zuvor die Brutalität des russischen Angriffskriegs verurteilt. Gemeinsam mit Präsident Macron, Ministerpräsident Draghi und Präsident Johannis machte sich Scholz vor Ort ein Bild. Es seien unschuldige Zivilisten getroffen und Häuser zerstört worden. Es sei eine ganze Stadt zerstört worden, in der es überhaupt keine militärischen Strukturen gegeben habe. „Das sagt sehr viel aus über die Brutalität des russischen Angriffskriegs, der einfach auf Zerstörung und Eroberung aus ist.“ Die Zerstörungen in Irpin seien ein „ganz wichtiges Mahnmal“ dafür, dass etwas zu tun sei.

Bundeskanzler Scholz besucht die ukrainische Hauptstadt bewusst gemeinsam mit Partnern aus der Europäischen Union: „Es ist wichtig, wenn jetzt die Regierungschefs der drei großen Länder, die schon bei der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dabei waren, nach Kiew fahren und in dieser ganz besonderen Situation des Krieges ihre Unterstützung für die Ukraine und die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine zeigen", sagte Bundeskanzler Scholz bei seiner Zug-Reise nach Kiew der Nachrichtenagentur dpa.

„Nicht nur Solidarität demonstrieren“

Scholz reist gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi. In Kiew schließt sich der rumänische Präsident Klaus Johannis an. Copyright: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Filippo Attili

„Wir wollen aber nicht nur Solidarität demonstrieren, sondern auch versichern, dass die Hilfe, die wir organisieren, finanziell, humanitär, aber auch wenn es um Waffen geht, fortgesetzt werden wird", so Scholz. Man werde die Unterstützung so lange fortsetzen, „wie das nötig ist für den Unabhängigkeitskampf der Ukraine“. Gleichzeitig werde man noch einmal klarstellen, dass die verhängten Sanktionen gegen Russland von großer Bedeutung seien. „Denn sie tragen dazu bei, dass die Chance besteht, dass Russland sein Vorhaben aufgibt und seine Truppen wieder zurückzieht. Denn das ist ja das Ziel“, sagte der Kanzler.

Ukrainische Streitkräfte wirksam unterstützen

Deutschland leistet einen substanziellen Anteil daran, dass sich die Ukraine weiterhin gegen den russischen Angriff wehren kann. Entscheidend für die Bundesregierung ist, die ukrainischen Streitkräfte nachhaltig und wirksam in ihrem Abwehrkampf zu unterstützen. Das ist die Leitlinie, an der sich die Bundesregierung orientiert. Das schließt – in enger Absprache mit Deutschlands Partnern und Verbündeten – Waffenlieferungen mit ein.

Neben der nationalen Unterstützung für die Ukraine leistet Deutschland im Rahmen der EU einen maßgeblichen Anteil und hat seine finanziellen Zusagen für humanitäre Hilfe und Waffenlieferungen immer wieder aufgestockt.

Deutschlands Lieferungen an die Ukraine umfassen unter anderem Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrraketen, Maschinengewehre, gepanzerte Truppentransporter sowie Mörser und Munition. Deutschland hat zudem dem Export von Flugabwehr-Panzern des Typs Gepard zugestimmt und liefert sieben Artilleriegeschütze des Typs Panzerhaubitze 2000. Letztere werden ausgeliefert, wenn die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Geschützen abgeschlossen ist.

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