Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschlandund der Regierung der Französischen Republik über die Gründung des Deutsch-Französischen Jugendwerks (6. September 1963)

Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Regierung der Französischen Republik sind in Durchführung des Vertrages vom 22. Januar 1963 über die deutsch-französische Zusammenarbeit wie folgt übereingekommen:

I. Name und Zweckbestimmung

Artikel 1
Es wird eine Organisation zur Förderung der Beziehungen zwischen der deutschen und der französischen Jugend errichtet, die den Namen Deutsch-Französisches Jugendwerk trägt.

Artikel 2
Das Jugendwerk hat die Aufgabe, die Bande zwischen der Jugend der beiden Länder enger zu gestalten und ihr Verständnis füreinander zu vertiefen. Es hat hierzu die Jugendbegegnung und den Jugendaustausch anzuregen, zu fördern und, soweit notwendig, selbst durchzuführen. Seine Tätigkeit erstreckt sich insbesondere auf folgende Gebiete:

a) Begegnung und Austausch von Schülern, Studenten und berufstätigen Jugendlichen;
b) Gruppenfahrten, Jugend- und Jugendsportveranstaltungen;
c) Kinder-, Jugend- und Familienerholung;
d) Austausch und Ausbildung von Fachkräften und Mitarbeitern der Jugendarbeit und des Jugendsports, gemeinsames Training für Jugendsportler;
e) Vertiefung der gegenseitigen Kenntnisse der beiden Länder durch Öffentlichkeitsarbeit, Bildungsreisen, Studienaufenthalten, Seminare, musische Veranstaltungen und durch Tagungen der leitenden Persönlichkeiten der Jugendarbeit;
f) Ausbau außerschulischer Einrichtungen zur Förderung der gegenseitigen Sprachkenntnisse;
g) Untersuchungen und wissenschaftliche Forschungsarbeiten über Jugendfragen.

Das Jugendwerk verfolgt bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Grundsätze der Zusammenarbeit und der Verständigung unter den Ländern Europas und den anderen Ländern der freien Welt, die es bei der Jugend zu vertiefen gilt.

Artikel 3
Das Jugendwerk besitzt Rechtspersönlichkeit und ist in Geschäftsführung und Verwaltung autonom. Hierzu werden auf das Jugendwerk in der Bundesrepublik Deutschland und in der Französischen Republik alle in den §§ 3, 4, 7, 9 und 31, Buchstabe (a) des am 21. November 1947 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen angenommenen Abkommens über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen niedergelegten Bestimmungen Anwendung finden.

II. Mittel für die Tätigkeit des Jugendwerkes

Artikel 4
Das Jugendwerk verfügt zur Wahrnehmung seiner Aufgaben über den im Vertrag vom 22. Januar 1963 vorgesehenen gemeinsamen deutsch-französischen Fonds. Dem Fonds werden nach Maßgabe der in jedem Lande geltenden Haushaltsvorschriften jährlich die für die Tätigkeit des Jugendwerkes erforderlichen Mittel nach Prüfung des von dem Kuratorium erstellten Haushaltsentwurfs zu gleichen Teilen zur Verfügung gestellt. Das Jugendwerk kann dem Fonds alle sonstigen Einnahmen zufließen lassen und insbesondere Zahlungen vereinnahmen, die von Personen oder Einrichtungen geleistet werden, denen seine Tätigkeit zugute kommt.

Artikel 5
Das Jugendwerk bestreitet aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Ausgaben zur Förderung der deutsch-französischen Jugendarbeit und insbesondere der in den Artikeln 1 und 2 genannten Austauschprogramme. Es gewährt Zuwendungen an öffentliche Einrichtungen und an private Zusammenschlüsse. Es kann selbst auf dem Gebiet der Zusammenarbeit und des Austausches Programme durchführen und in einzelnen Fällen seinem Zweck entsprechende Einrichtungen schaffen, unterhalten und führen.

III. Kuratorium

Artikel 6
An der Spitze des Jugendwerks steht ein Kuratorium. Es setzt sich aus je 10 deutschen und französischen Mitgliedern zusammen. Die deutschen Mitglieder werden von der Bundesregierung, die französischen Mitglieder werden von der Französischen Regierung ernannt. Je vier Mitglieder aus jedem Land sind Vertreter der öffentlichen Verwaltungen, die übrigen sechs namhafte Persönlichkeiten und Leiter von Organisationen der freien Jugendarbeit beider Länder. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu bestellen. Die Amtszeit der Mitglieder und ihrer Stellvertreter beträgt zwei Jahre. Sie können aus wichtigem Grunde nach Anhörung des Kuratoriums von der Regierung, die die Ernennung ausgesprochen hat, vorzeitig abberufen werden. Die Mitglieder des Kuratoriums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Sie erhalten Reisekostenentschädigung, Ersatz der ihnen aus Aufträgen des Kuratoriums entstehenden Auslagen sowie Sitzungsvergütung.

Artikel 7
Das Kuratorium tritt wechselweise in Deutschland und Frankreich zusammen. Präsident ist im ersten Fall der Bundesminister für Familien- und Jugendfragen der Bundesrepublik Deutschland; im zweiten Fall der Staatssekretär für Jugend und Sport der Französischen Republik.

Artikel 8
Das Kuratorium tritt mindestens zweimal im Jahr zusammen. Weitere Sitzungen finden statt, wenn der Bundesminister für Familien- und Jugendfragen der Bundesrepublik Deutschland und der Staatssekretär für Jugend und Sport es übereinstimmend für erforderlich halten.

Artikel 9
Das Kuratorium hat die zur Erfüllung der Aufgaben des Jugendwerkes gemäß den Artikeln 1 und 2 dieses Abkommens erforderlichen Befugnisse.

Das Kuratorium

  • beschließt das Programm für die Tätigkeit des Jugendwerkes und erläßt Richtlinien für seine Ausführung;
  • ergreift alle geeigneten Maßnahmen für ein ordnungsgemäßes Arbeiten des Jugendwerkes;
  • beschließt den Haushaltsplan des Jugendwerkes;
  • erläßt Richtlinien für eine sorgsame Verwaltung der Haushaltsmittel;
  • billigt den Jahresbericht des Generalsekretärs;
  • prüft die Berichte der geförderten Einrichtungen über ihre Tätigkeit und über die Verwendung der ihnen gewährten Zuwendungen;
  • bestellt im Einvernehmen mit den beiden Regierungen je einen deutschen und einen französischen Rechnungsprüfer, die gemeinsam im Rahmen der Regeln des Jugendwerkes jährlich die ordnungsgemäße Verwendung seiner Mittel prüfen und dem Kuratorium Bericht erstatten;
  • erteilt nach Prüfung des Berichts der Rechnungsprüfer und einer etwaigen Stellungnahme des Generalsekretärs diesem Entlastung hinsichtlich der Ausführung des Haushaltsplanes.

Artikel 10
Das Kuratorium ist beschlußfähig, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder anwesend sind. Es faßt seine Beschlüsse mit der Mehrheit von drei Viertel der Stimmen der anwesenden Mitglieder. Mangelt es an der Beschlußfähigkeit des Kuratoriums, so beruft der amtierende Präsident innerhalb von dreißig Tagen eine weitere Sitzung ein, bei der das Kuratorium mit den anwesenden Mitgliedern beschlußfähig ist.

IV. Generalsekretariat

Artikel 11
Das ausführende Organ des Kuratoriums ist der Generalsekretär, dem ein Stellvertretender Generalsekretär zur Seite steht. Beide werden für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Anhörung des Kuratoriums durch Vereinbarung der beiden Regierungen ernannt. Sie müssen Staatsangehörige eines der beiden Staaten sein und unterschiedliche Nationalität besitzen. Der Sitz des Generalsekretariats wird durch Vereinbarung der beiden Regierungen bestimmt.

Artikel 12
Der Generalsekretär vertritt das Jugendwerk. Er bereitet die Sitzungen des Kuratoriums vor, erstattet ihm Bericht und legt ihm die Haushaltsentwürfe vor. Er lenkt und überwacht die Tätigkeit der Direktoren der in Artikel 13 genannten Abteilungen des Jugendwerkes, erteilt ihnen die für die Durchführung der Entscheidungen des Kuratoriums erforderlichen allgemeinen Weisungen und wacht über eine sorgsame Haushaltsführung. Der Stellvertretende Generalsekretär unterstützt den Generalsekretär in dessen sämtlichen Aufgaben und vertritt ihn im Falle der Abwesenheit und der Verhinderung. Der Generalsekretär und sein Stellvertreter nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen des Kuratoriums teil.

Artikel 13
Zur Durchführung der Aufgaben des Jugendwerkes werden zwei Abteilungen mit Sitz in Bonn und Paris errichtet. An der Spitze jeder Abteilung steht ein Direktor, der für die Dauer von fünf Jahren nach Anhörung des Kuratoriums durch Vereinbarung der beiden Regierungen ernannt wird.

Artikel 14
Jeder Direktor hat die Arbeit seiner Abteilung verantwortlich zu leiten. Er kann hierbei Verträge abschließen, bewegliches Vermögen erwerben und darüber verfügen und vor Gericht klagen und verklagt werden. Zum Erwerb von unbeweglichem Vermögen und zur Verfügung über dieses bedarf er der Ermächtigung des Generalsekretärs des Jugendwerks.

Artikel 15
Die Direktoren haben die Aufgabe, entsprechend den ihnen erteilten Weisungen das vom Kuratorium beschlossene Programm auszuführen. Sie haben insbesondere die Aufgabe:

a) Programme und Arbeitsplätze, die den Zielen des Jugendwerkes entsprechen, zu entwerfen und dem Generalsekretär vorzulegen;
b) jährlich dem Generalsekretär den Voranschlag für den sie betreffenden Teil des Haushaltsplans des Jugendwerks vorzulegen;
c) ihre Verwaltungsgeschäfte sparsam und wirtschaftlich zu führen;
d) nach Abschluß des Rechnungsjahres dem Generalsekretär einen Tätigkeitsbericht vorzulegen und über die Verwendung der ihnen zur Verfügung gestellten Mittel Rechnung zu legen.

Artikel 16
Auf Initiative jeder der beiden Regierungen kann bei der in Betracht kommenden Abteilung ein beratender Ausschuß gebildet werden. Er hat die Aufgabe, zur praktischen Durchführung des von dem Jugendwerk beschlossenen Programms eine Stellungnahme abzugeben, wenn der Direktor der Abteilungen es für erforderlich hält. Die Amtszeit der Mitglieder des Beratenden Ausschusses beträgt zwei Jahre.

V. Schlußbestimmungen

Artikel 17
Die Einzelheiten für die Ausführung dieses Abkommens werden in einer von dem Kuratorium zu beschließenden Geschäftsordnung bestimmt; das Personalstatut und die Gehalts- und Vergütungsordnung sind im Einvernehmen mit den zuständigen Verwaltungsstellen der beiden Länder zu erarbeiten.

Artikel 18
Dieses Abkommen gilt auch im Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung der Französischen Republik innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens eine gegenteilige Erklärung abgibt.

Artikel 19
Die beiden Regierungen können auf eigene Initiative oder auf Vorschlag des Kuratoriums Änderungen dieses Abkommens vornehmen.

Artikel 20
Dieses Abkommen tritt mit der Unterzeichnung in Kraft.
Geschehen zu Bonn am 5. Juli 1963 in zwei Urschriften in deutscher und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

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